Pressemitteilung des Medinetz Rostock e.V. zur medizinischen Versorgung der
Geflüchteten in Rostock vom 08.10.2015
Die Bereitschaft vonseiten der Bevölkerung sich den Geflüchteten gegenüber solidarisch zu verhalten, ist nach wie vor ungebrochen. Von behördlicher Seite lässt sich der Wille zur
Stabilisierung der Situation nur in Ansätzen erkennen. Dies tritt insbesondere da zutage, wo Freiwillige an ihre Grenzen stoßen, wie z.B. bei der Sicherstellung der medizinischen
Versorgung. Hier sind die Geflüchteten zu häufig auf das Wohlwollen von Ärztinnen und
Ärzten angewiesen und der Willkür einer rechtlich unklaren Situation ausgesetzt. So kommt es immer wieder vor, dass Geflüchteten selbst Akutbehandlungen verweigert werden, solange sie noch nicht registriert sind – und das, obwohl bekannt sein dürfte, dass die Registrierungen zurzeit mit enormen Wartezeiten verbunden sind. Hier ist dringender
Handlungsbedarf gefordert! Wir fordern, dass die Krankenhäuser zur Behandlung von
Geflüchteten verpflichtet werden und dass die Sozialämter die entstehenden Kosten tragen!
Auch im Bereich der Maßnahmen, die von behördlicher Seite bereits zur medizinischen
Versorgung der Geflüchteten getroffen wurden, kommt es immer wieder zu Problemen durchunklare Zuständigkeiten, intransparente Strukturen und Kommunikationsproblemen.
Das Gesundheitsamt Rostock ist an dieser Stelle bemüht eine geregelte medizinische
Grundversorgung zu gewährleisten und geht dafür auch über ihren Zuständigkeitsbereich.
Allerdings bringen z.B. eine extra vom Gesundheitsamt eingerichtete Sprechstunde und ein Notdienst wenig, solange die für die Versorgung der Geflüchteten zuständigen
institutionellen Akteure und freien Träger, unzureichende Kenntnisse von den Möglichkeiten der medizinischen Versorgung haben und diese gar nicht oder zu selten vermitteln.
Ein weiteres Problem ist die ständige Fluktuation der Ärztinnen und Ärzte, die sich freiwillig für diese Sprechstunden melden und ohne Einarbeitungsphase mit der Situation umgehen müssen. Diese unstrukturierte Art und Weise der medizinischen Versorgung geht auf Kosten der Qualität der Behandlung. Die Situation ließe sich allein dadurch spürbar verbessern, wenn es neben den freiwillig eingesetzten Ärztinnen und Ärzten eine Person gäbe, die die medizinische Hilfe dauerhaft vor Ort koordiniert. Darüber hinaus
sollte neben der jetzt dringend benötigten Hilfe in der Akutsituation
auch an langfristige Lösungen in Bezug auf die medizinische Versorgung
von Flüchtlingen und Papierlosen z.B. im Sinne eines Bremer Modells
gedacht werden.
Die große Bereitschaft zur Unterstützung der Geflüchteten kann nicht bedeuten, dass die
Grundversorgung der Menschen im Zweifel immer wieder durch freiwillige Strukturen
sichergestellt werden muss, weil die Zuständigkeiten auf staatlicher Seite unklar sind. Das
Medinetz Rostock fordert das Land Mecklenburg-Vorpommern daher dringend auf, die
Kliniken in Mecklenburg-Vorpommern zur Versorgung von Geflüchteten zu verpflichten und finanziell entsprechend auszustatten! Darüber hinaus müssen die bestehenden Strukturen besser koordiniert und kommuniziert werden. Sollte sich an den bestehenden Verhältnissen nichts ändern, ist es eine Frage der Zeit, bis sich die Hansestadt Rostock und das Land Mecklenburg Vorpommern mit den Konsequenzen der medizinischen Unterversorgung von Geflüchteten auseinandersetzen muss.
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